Gesunde Pausenbrote für vernachlässigte Schulkinder
Würzburg (dapd-bay). Viele Schüler in Bayern erhalten nur durch das Engagement von Kindertafeln ein Frühstück.
Pausenbrote schmieren im Akkord, das ist für Nicole Schmidt tägliche Übung. Dabei hat sie keine Großfamilie zu versorgen, sondern engagiert sich bei der Würzburger Kindertafel. Ihr Ziel ist es, Jungen und Mädchen aus sozial schwierigen Milieus jeden Tag ein gesundes Pausenbrot für die Schule anzubieten. Dafür lassen sich Vereinsschriftführerin Uschi Scheler und ihre Kollegen jeden Tag ein neues Menü einfallen: "Es gibt mal Wurst, mal Käse, mal eine Banane. Wir wollen Abwechslung."
Auch an diesem Morgen bereiten fünf Frauen und ein Mann knapp 100 frische Pausenbrote zu. Gurken, Radieschen und Käse gibt es heute als Belag. Wenn die Vorräte nicht ausreichen, wird nachgekauft. Darin liegt auch der Unterschied zu den bekannten Tafeln, wie der stellvertretende Vorsitzende Peter Estenfelder erläutert. Die geben gespendete Lebensmittel weiter, bei der Kindertafel werden mit den Spenden frische Zutaten gekauft und verarbeitet. "Wir wollen keine Konkurrenz zur Tafel sein, sondern sehen uns als Ergänzung", sagt er.
Um kurz nach 8.00 Uhr sind die Pausenbrote fertig und werden zusammen mit einer Milch und Weintrauben in eine Tüte gepackt, bevor sie zu drei Schulen gefahren werden. An der Würzburger Mönchbergschule - einer Grundschule - werden die Tüten schon sehnlichst erwartet, sagt Rektor Stephan Becker. "Es gibt sehr viele Eltern, die mit grundlegenden Versorgungsaufgaben überfordert sind." Dies gelte im Übrigen nicht nur für Kinder mit Migrationshintergrund, die an seiner Schule einen besonders hohen Anteil haben.
Die Pausenbrote werden im Lehrerzimmer angeliefert und von den Klassenlehrern diskret in den Pausen an bedürftige Schüler verteilt. "Das Pausenfrühstück von der Kindertafel ist beispielhaft: ausgewogen, vernünftig und enthält keinen Süßkram", lobt Becker das Angebot. Mit der gesunden Mahlzeit steigere sich erstens die Konzentrationsfähigkeit, zweitens sinke die Aggression. Entsprechend ist er von dem seit Anfang Mai laufenden Projekt begeistert. Durch regelmäßige Kontrollen der örtlichen Behörden werden zudem die Hygienestandards gewährleistet.
Derartiges Lob freut Stefan Labus, den geschäftsführenden Vorstand des Bundesverbandes Deutsche Kindertafel. Er hat 2009 in Schweinfurt mit der Aktion begonnen, die nun auch in Würzburg läuft. Nach eigener Schätzung wurden seitdem mehr als 125.000 Pausenbrotpäckchen an Schulen ausgeliefert. "Ich habe damals in Schweinfurt die soziale Schieflage und die Kinderarmut erlebt. Das hat mich bewegt, da etwas zu machen", erinnert er sich. Neben Unterfranken gibt es ein ähnliches Projekt in München, die Kindertafel Glockenbach.
Der Bedarf für solche Kindertafeln ist auch außerhalb Bayerns nach Erfahrung von Labus groß. In Lüneburg gebe es bereits eine Kindertafel nach dem Vorbild Schweinfurts. "Wir sind wegen der Umsetzung momentan konkret in Verbindung mit Mönchengladbach. In Darmstadt soll ein entsprechender Verein erst gegründet werden", skizziert er weitere Standorte. Zu einem bundesweiten Erfahrungsaustausch treffen sich Tafelbetreiber am Wochenende Thüringen. Beim Bundestafeltreffen werden am Freitag und Samstag (22. und 23. Juni) in Suhl rund tausend Helfer erwartet.
dapd
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